Stryd: Was bedeutet Laufökonomie?

laufoekonomieMichaela Renner-Schneck testet seit einigen Monaten sehr ausführlich die Wattmessung beim Laufen mittels Stryd. Nun hat sie das White Paper zum Thema „Laufökonomie“ von Stryd für euch übersetzt. Was bedeutet Laufökonomie überhaupt?

 

Die Laufexperten der Firma Stryd haben sich die Mühe gemacht, den sportwissenschaftlichen Stand der Dinge in Sachen Laufökonomie zusammenzufassen. In einem wissenschaftlichen Review-Paper – ihrem Running Economy (RE) White Paper – fassen die Jungs die Erkenntnisse aus Biomechanik und Laufökonomie der letzten Jahr(zeht)e zusammen und welche Schlüsse sich daraus für das Lauftraining ziehen lassen. Außerdem zeigen sie, wie sich auf der Basis dieser Erkenntnisse, die mit einem Stryd Powermeter generierten Daten in der Trainingsplanung und -steuereung verwenden lassen.

Der nachfolgende Artikel erhebt weder Anspruch auf Vollständigkeit oder Fehlerlosigkeit noch enthält er bahnbrechende neue Erkenntnisse. Aber hey, ich hatte versprochen, dass ich das vom Stryd-Entwicklerteam kürzlich veröffentlichte „Running Economy (RE) White Paper“ für euch durchackere –  und hier kommt mein Ergebnis.

Übersetzt von Michaela Renner-Schneck
Bitte beachtet beim Lesen, dass es sich bei diesem Artikel lediglich um eine ins Deutsche übersetzte Zusammenfassung eines Review-Papers (also ebenfalls einer Zusammenfassung anderer Artikel) handelt. Aus diesem Grund habe ich mir im nachfolgenden Text jegliches Zitieren von Primärliteratur, die ich nie gelesen habe, gespart und verweise als Referenz lediglich auf das besagte RE White Paper und das darin enthaltene Literaturverzeichnis. Das mag wissenschaftlich nicht 100 Prozent lupenrein sein, aber mein Text ist ja auch keine Doktorarbeit – dieser Artikel ist in der Hoffnung geschrieben, dass ihn tatsächlich jemand liest … ;-).

Definition Laufökonomie
Typischerweise definiert sich die Laufökonomie (engl.: Running Economy, RE) über die Menge an verbrauchtem Sauerstoff (in ml/kg/min) bei submaximaler Laufgeschwindigkeit unterhalb der Laktat- oder respiratorischen Schwelle.
In der Tat konnte gezeigt werden, dass die Laufökonomie ein besser geeigneter Parameter zur Vorhersage der Laufleistung innerhalb einer homogenen Gruppe ist, als die maximal verfügbare Sauerstoffkapazität (VO2max).
Vereinfacht ausgedrückt: Läufer, die, bei einer gegebenen Geschwindigkeit, weniger Sauerstoff verbrauchen, laufgen ökonomischer, da sie weniger Sauerstoff pro Kilogramm Körpergewicht benötigen, um diese Intensität aufrechtzuerhalten. Im Umkehrschluss kann gefolgert werden, dass ökonomischere Läufer eine gegebene Geschwindigkeit länger aufrecht erhalten und somit im Endeffekt eine bessere (Langstrecken-)Laufleistung erzielen können. 
Dieser Definition zu Folge käme eine Verbesserung der Laufökonomie einer Reduktion der, zur Aufrechterhaltung einer bestimmten submaximalen Intensität benötigten Sauerstoffmenge gleich und sollte zu einer (Lauf-)Leistungssteigerung führen.
Erwiesenermaßen hat die Laufökonomie erheblichen Einfluss auf die Leistung im Langstreckenlauf, in Rennen vom 800-m-Lauf bis hin zum Marathon. So gesehen ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Laufökonomie sowohl in der wissenschaftlichen Literatur als auch in der aktiven Laufszene, ein viel diskutierter Begriff ist und etliche wissenschaftliche Studien zu der Fragestellung existieren, welche Faktoren sie beeinflussen. In der Tat konnten auf diesem Wege bereits einige solcher Faktoren, identifiziert werden, von denen jedoch nicht alle einfach willentlich (also z.B. durch Training) zu beeinflussen sind.

In ihrem RE White Paper machen sich die Jungs von Stryd nun also daran, aus der einschlägigen sportwissenschaftlichen Literatur all jene Einflussfaktoren auf die Laufökonomie herauszuarbeiten, welche sich am einfachsten im Sinne einer verbesserten Laufökonomie beeinflussen lassen. Selbstverständlich nicht ohne dabei heraus zu arbeiten, wie der Stryd-Powermeter zur Erreichung dieses Ziel eingesetzt werden kann – was unterm Strich auch die Kernaussage ihres White Papers ist. Aber hey, genau das wollte ich ja auch wissen. Und wer soll den „Strydern“ ihren kommerziellen Hintergedanken schon verdenken. Mal ehrlich, kein Mensch tut sich eine solch umfassende Recherche wissenschaftlicher Paper an, wenn es nicht einem opportunistischen Zweck dient.

Ich habe mir an dieser Stelle lange hin und her überlegt wie detailliert ich das RE White Paper nun für euch zusammenfassen soll und bin schließlich zu dem Schluss gekommen es möglichst kurz und eher oberflächlich zu halten. Zum einen wäre dieser Beitrag dann noch anstrengender zu lesen geworden, als er ohnehin schon ist, und zum anderen bin ich mir sicher, dass diejenigen unter euch, die sich für die Details interessieren, ohnehin nicht nur meine Zusammenfassung sondern auch das Original lesen wollen.

In aller Kürze: In ihrem RE White Paper fassen die Strydes Ergebnisse aus insgesamt 60, aktuellen und altbewährten, wissenschaftlichen Arbeiten aus den Bereichen der Biomechanik/Physiologie und Trainingslehre zusammen. Dabei arbeiten sie zunächst heraus, welcher Einfluss auf die Laufökonomie für die Schrittfrequenz (stride frequency), die Bodenkontaktzeit (ground contact time) und der Muskelspannung in der Beinstreckerkette (leg spring stiffness) in Studien nachgewiesen werden konnte. Gottseidank bestätigt hier auch die Wissenschaft das, was jedem erfahrenen Läufer, bewusst oder unterbewusst, längst klar war:

Ein effizienter Laufstil ist grundsätzlich geprägt von einer relativ hohen Schrittfrequenz, einer kurzen Bodenkontaktzeit und einer hohen Muskelspannung in der Beinstreckerkette.

Die aufgeführten Studien – und noch viel mehr das Bauchgefühl in der Praxis – zeigen aber auch, dass hier nicht gilt „möglichst hoch“ bzw. „möglichst kurz“, sondern, dass es darum geht, für jeden Läufer und jede Situation das individuelle Optimum zu finden. Ihr kennt das, eine Person mit kurzen Beinen macht eher kürzere schnellere Schritte, als eine Person mit langen Beinen – oder folgende Situation, dass ihr auf einem Trail rennt, auf dem es keinen Sinn macht eine möglichst hohe Schrittfrequenz anzustreben, sondern es besser ist, die großen, sicheren Steine zu treffen. Na ja, und was den vielleicht etwas sperrigen Begriff der „Muskelspannung in der Beinsteckerkette“ angeht: Die ergibt sich quasi aus der Bodenkontaktzeit und der Schrittfrequenz/Schrittlänge – oder besser gesagt, bei einer kurze Bodenkontaktzeit ist eine hohe Muskelspannung in der Beinstreckerkette erforderlich und vice versa.

In einem weiteren Abschnitt befassen sich die Autoren zudem damit, welche Effekte auf die Laufökonomie für unterschiedliche Formen von Lauftraining sowie für klassisches und plyometrisches Krafttraining gezeigt werden konnten.

Kurz zusammengefasst kommen sie hier zu folgenden Schlussfolgerungen:
1.) Lauftrainingsformen in hohen und sehr hohen Intensitätsbereichen sind am effizientesten hinsichtlich einer Verbesserung der Laufökonomie.
2.) Sowohl durch klassisches als auch durch plyometrisches Krafttraining lassen sich Verbesserungen erzielen, wobei das klassische Krafttraining, schnellere Erfolge zu bringen scheint.
3.) Sad but true: Für die Verbesserung der Laufökonomie gibt es eine individuelle Obergrenze, ab der keine Verbesserung mehr erzielt werden kann. Sprich: Wer einen miesen Laufstil hat profitiert mehr von der Arbeit an seiner Laufökonomie, als eine Person, die schon effizient läuft.

Ok, das alles haben wir irgendwie auch immer schon gewusst – oder zumindest geahnt. Gut, dass es die Studien auch so sehen. Zumindest die meisten – das ist übrigens ein Punkt, der mit persönlich am Stryd RE White Paper besonders gut gefällt: Die Autoren zeigen auch deutlich auf, an welchen Stellen die wissenschaftliche Datenlage noch lückenhaft oder gar widersprüchlich ist, das allerdings hier auszuführen wäre etwas zu viel des Guten.

Vorschau: Damit hätte ich im Schnelldurchlauf den Review-Teil des RE White Papers zusammengefasst. Im zweiten Teil des White Paper geht es um die Frage, wie ein Stryd-Powermeter eingesetzt werden kann, um ganz gezielt an den beschriebenen Einflussgrößen der Laufökonomie zu arbeiten. Diesen Teil fasse ich in meinem nächsten Beitrag zusammen und versuche, eigene Erfahrungen mit meinem Stryd-Powermeter beizusteuern. Nur schon mal so viel vorab: Vor einigen Tagen habe ich neben dem Stryd-Pioneer Burstugurt Powermeter auch den neuen Stryd-Footpod-Powermeter zum Testen erhalten:

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Sieht nicht nur schick aus, sondern zeichnet praktischerweise die – zumindest für meinen Geschmack – am schwersten intuitiv erfassbare Größe, die „leg spring stiffness“, direkt als Messgöße auf und man spart sich das, wie ich finde immer etwas unkomfortable, Tragen eines Brustgurtes. Ich freu mich schon aufs Ausprobieren – und hoffe auf euer Interesse an den Ergebnissen.

Es grüßt euch
Die Rennschnecke