Thomas Springer, der in Deutschland geborene Österreicher

Thomas Springer_Rio de JaneiroHeute geht es um 16 Uhr unserer Zeit bei den Olympischen Spielen in Rio um Edelmetall. DTU-Kaderathleten sind nach dem Nominierungsdebakel nicht dabei. Dafür aber Thomas Springer, der für Österreich startet.

 

Wer ist eigentlich Thomas Springer?
Der 31-Jährige in Halle (Saale) geborene Sportler holte in seiner Jugend unter anderem den Vize-Junioren-Europameistertitel und den Junioren-Europacup-Gesamtsieger für Deutschland. In der Elite gelang ihm 2009 beim Alpentriathlon am Schliersee ein großer Coup: Als Nachfolger von Jan Frodeno (2007) und Daniel Unger (2008) wurde Springer Deutscher Meister. Eine Sensation, denn nach Pfeifferschen Drüsenfieber und Guillan-Barré-Syndrom hatten die meisten den Sportler aus Halle längst abgeschrieben. „Während beider Erkrankungen sagte man mir immer wieder, dass ich niemals mehr Leistungssport betreiben könnte“, erinnert sich Springer. „Doch jedes Mal bin ich zurück gekommen!“

Hart im Nehmen
So auch dieses Mal: Seine aktuellstes Comeback lebt Springer im Prinzip seit sechs Jahren. Vorläufiger Höhepunkt  – die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Rio der Janeiro. Bei acht Weltcup- und WM-Rennen in sieben Ländern innerhalb von gut zwei Monaten sammelte Springer in diesem Frühjahr die notwendigen Punkte, um sein Rio-Ticket zu lösen – für Österreich, denn dort lebt er seit vielen Jahren mit seiner Freundin. Seit 2010 hat er auch die österreichische Staatsbürgerschaft und startet für Rot-Weiß-Rot.

Thomas Springer_RiodressDas Kämpfen hat sich gelohnt
Was heute für Springer ein Happy-End ist, begann 2010 mit einer echten Katastrophe: Bei seinem ersten internationalen Start für den Österreichischen Triathlon Verband in der Türkei stürzte Springer beim Radfahren schwer und zog sich einen Oberschenkelhalsbruch zu. Die Not-OP in der Türkei verlief nicht wunschgemäß, Springers Knochen wuchsen nicht wieder zusammen. Noch einmal musste der Triathlet unters Messer und der Bruch neu verschraubt werden, dieses Mal allerdings von Springers Vertrauensarzt Professor Hofmann in den BG Kliniken Bergmannstrost in Halle. „Von Monat zu Monat konnte ich danach auf den Röntgenbildern sehen, dass der Bruch langsam heilte“, erzählt Springer. An normales Training war allerdings noch lange nicht zu denken. „Ich habe viel Zeit im Wasser und auf der Rolle verbracht.“ Das Körpergefühl wurde besser, das Lauftraining konnte wieder aufgenommen werden. Der erste große Wettkampf, bei dem der Neu-Österreicher wieder an den Start ging, war das Heim-WM-Rennen im Sommer 2013 in Kitzbühel. Im Feld der absoluten Weltspitze beendete Springer die Jagd hinauf zum Kitzbüheler Horn als Siebter – das beste Ergebnis, das jemals ein ÖTRV-Athlet bei einem WM-Rennen erzielte. „Ein unglaublicher Moment, den ich nie vergessen werde“, erinnert er sich. „Ich hatte noch die 20-Zentimeter-Platin-Schrauben von der OP in meinem Körper und latent Angst, dass diese mir bei einem Sturz den Knochen vollends kaputt machen könnten. Aber die Leute an der Strecke haben mich so angepeitscht …“, erinnert sich der Sportler mit dem großen Kämpferherz.

Erstes Weltcup-Podium
Nach dem Triumph die nächste OP: Alle Schrauben und Nägel mussten raus, damit Springer auch im Kopf wieder frei werden konnte, um Spitzenleistungen zu bringen. Die 2014er Saison war geprägt vom Kampf gegen die Verletzungsfolgen und vom Aufbautraining. 2015 folgte das nächste Ausrufezeichen. Beim Weltcup in Huatulco in Mexiko, schaffte Thomas Springer mit Rang 3 den Sprung aufs Treppchen – 15 Jahre lange hatten die Österreicher auf so einen Erfolg warten müssen!

Aufholjagd für Olympia-Qualifikation –
8 Rennen in 7 Ländern in 2 Monaten
„Ich habe für Rio alles riskiert und investiert“, sagt Thomas Springer. „Der Wechsel in die internationale Trainingsgruppe von Joel Filliol war vielleicht der entscheidende Impuls. Gemeinsam mit Athleten wir Mario Mola oder Richard Murray zu trainieren, das hat mir wahnsinnig viel gebracht. Joel Filliol hat an mich geglaubt und meinte, dass ich die acht Rennen für die Olympiaquali in sieben Ländern innerhalb etwas mehr als zwei Monaten durchstehe und mich für die Spiele qualifiziere. Ein irrer Plan, der funktioniert hat!“, weiß Springer heute. Bei jedem der acht internationalen Hochkarätern war Springer bester Österreicher, erzielte mehrere Top-10-Platzierungen. Für Rio hat sich der 31-Jährige im Höhentrainingslager in den französischen Pyrenäen auf den Tag der Tage vorbereitet.

Seine Rio-Qualifikation ist für Springer einmal mehr der Beweis, dass im Sport alles möglich ist. Das olympische Motto ist allerdings nicht seins. Nur um dabei zu sein fährt der Wahl-Salzburger nicht nach Rio: „Wenn ich einen guten Tag habe, ist ein Top-15-Platz drin.“

Wir drücken die Daumen.

Text: Jens Borghardt
Fotos: Falk Wenzel und Rich Cruse/crusephoto.com