Die Herren Göhner und Schneider beim Inferno Triathlon

Inferno2016_Schneider und GoehnerProfitriathlet Michael Göhner und Jörg Schneider starteten am vergangegen Wochenende beim berüchtigten Inferno-Triathlon in der Schweiz. Michael Göhner glückte eine tolle Premiere. Jörg Schneider erwischte einen rabenschwarzen Tag – sein Bericht dazu.

 

Der Inferno-Triathlon: Ein mythenumrankter Klassiker aus der Sparte „unkonventionelle, abenteuerliche Triathlons, bei dem die Landschaft die Strecke diktiert“. Ich muss gestehen: Dieses Rennen war schon einige Jahre auf meiner Löffelliste (Dinge, die man unbedingt noch mal machen will, bevor man den Löffel abgibt). Dieses Jahr sollte es also soweit sein.

Suboptimal war, dass ich gleichzeitig nach einem Kona-Jahr 2015 ein ruhigeres Sportjahr einschieben wollte, mit weniger und lustbetontem Training und mehr beruflichem Engagement. Trotzdem ließ ich mich in meinem jugendlichen Leichtsinn dazu hinreissen, gleich ein Duo aus Inferno und dem zwei Wochen später stattfindenden Zofingen (Duathlon Langdistanz-WM) zu buchen. Und das alles ohne angemessenes Training mit Minimalaufwand …

Schwaben-Duo in der Schweiz
Wenige Tage vor dem Rennen meldet sich plötzlich der um die Ecke wohnende Profitriathlet Michael Göhner bei mir und meint, dass er sich einen kurzfristigen Start ebenfalls vorstellen könnte (wir kennen uns aus alten Tagen, in denen wir beide für die TSG Reutlingen in der 1. Liga starteten). Beim Schwimmen und Radfahren wäre er fit, nur das Laufen würde noch etwas hinterherhinken. Man muss wissen, dass Michael Göhner zwei Jahre dauerverletzt war und nach einer Operation immer noch nicht wieder voll im Lauftraining ist. „Es ist alles noch etwas unrund“, so Gönner. Nachdem er anbot, gemeinsam mit seinem VW-Bus in Richtung Schweiz aufzubrechen, machten wir uns am Freitagmorgen auf. Mit vier Rädern (jeweils zwei Road- und zwei Mountain-Bikes) plus Ausrüstung für hochalpines Rumgeturne war selbst der T5 ordentlich gefüllt. Wir kamen gut durch und stürzten uns sogleich in den Wechselzonen-Marathon – der ersten Disziplin beim Inferno. Beim Inferno müssen drei Wechselzonen bestückt werden:

• T1 in Oberhofen (562 m): Roadbike und alles, was man meint zu brauchen für zwei große Berge und lange (potenziell nasse und kalte) Abfahrten.
• T2 in Grindelwald (943 m): Mountainbike und alles, was man meint zu brauchen für einen weiteren großen Berg und eine weitere lange (potenziell nasse und kalte) Abfahrt.
• T3 in Stechelberg (862 m): Laufsachen und alles, was man meint zu brauchen für einen Angriff auf das Ziel am Schilfhorn-Gipfel auf fast 3.000 Meter.

Nachdem Micha so spät nachgemeldet hatte, musste er alle Wechselbeutel und Startunterlagen erst abholen und alles verpacken, während ich bereits alles Tage vor dem Rennen zugesandt bekommen und entsprechend Zuhause vorbereitet hatte. Wir schauten uns auf dem Weg von T1 zu T2 wenigstens noch kurz die erste Abfahrt von Beatenberg (1.146 m) hinunter nach Interlaken (570 m) an und erfreuten uns sonst an der entspannten Atmosphäre und dem famosen Wetter. Es war schon auffällig, wie anders als bei anderen Langdistanz-Rennen hier alles zuging.

Atemberaubende Kulisse
In Grindelwald angekommen waren wir erst einmal von der absolut atemberaubenden Kulisse von Eiger, Mönch und Jungfrau und der berühmten Nordwand des Eiger begeistert, in deren Schatten wir am folgenden Renntag mit den Bikes hinauf zur Kleinen Scheidegg kurbeln sollten. Gerade als wir die Bikes eingecheckt haben und die Wechselzone verlassen macht es einen unglaublichen Schlag. Ich dachte zuerst an einen Schuss, es hörte sich aber eher schon nach großkalibriger Artillerie an. Kaum zu glauben, welch ein unglaublichen Knall es macht, wenn ein Reifen platzt. Man konnte Mitleid haben mit dem Kollegen. Es ist kein schöner Anblick, wenn die Dichtmilch von einem Tubeless-Reifen in der Gegend rumspritzt.

Auf dem Weg nach Mürren – dort befindet sich das Wettkampf-Zentrum mit Pasta-Party und Race Briefing sowie unsere Unterkunft, legten wir noch in Stechelberg direkt an der Seilbahn unsere Laufsachen in die T3. Die An- und Abreise mit der Seilbahn hat schon etwas.

Einige Impressionen vom Inferno Triathlon 2016:

Der Renntag
Aufstehen um 3:30 Uhr. Frühstück um 3:45 Uhr. Selbstverständlich hat der Schweizer Hotelier das Frühstück um diese nächtliche Stunde parat und entschuldigt sich persönlich dafür, dass es noch keine Frühstückseier gab. Da könnten sich mal wieder jede Menge deutscher Dienstleister eine ordentliche Scheibe abschneiden, denke ich zu mir.
Dann Treffpunkt an der Seilbahn um 4:30 Uhr. Abfahrt mit dem Bus unten in Stechelberg um 4:50 Uhr. Ankunft am Strandbad in Thun um 5:50 Uhr. Hier natürlich alles vom Feinsten, blitzblank sauber und in schweizer Perfektion oder eben „tip top“, wie die Eidgenossen sagen würden.

Alles herrichten, die trockenen Sachen in den grünen Beutel und pünktlich um 6:30 Uhr erfolgt der Start. Auch hier wieder alles tiefenentspannt. Jeweils einen Meter auf beiden Seiten Platz, keine Keilerei. Es ist noch dämmrig und das erste Sonnenlicht erleuchtet die gegenüberliegenden Berggipfel. Wir haben ein riesen Glück mit dem Wetter: Angenehm milde 20°C und auch das Wasser hat geradezu sensationelle 19°C. Blöd nur, dass der Wind auf dieser 3,1 km langen Point-to-Point-Strecke von Thun nach Oberhöfen über den See genau gegen uns steht und diese kurzen Wellen das Schwimmen nicht erleichtern. Die Schwimmzeiten sind dementsprechend langsam.

Göhni darf man nie unterschätzen
Alles läuft ordentlich soweit. Micha kommt nach guten 48 Minuten als Sechster aus dem Wasser, ich brauche geschlagene 5½ Minuten länger, bin damit allerdings auch noch auf dem 28. Platz. Auf dem Fahrrad zeigen sich bei mir auf der einen Seite die trainingstechnischen Lücken, auf der anderen Seite die üblichen Rookie-Fehler, vor denen alle warnen. Schon am Vortag lachte mich der Orga-Chef Heinz Zurbrügg fast aus, als ich ihm auf seine Frage nach den Möglichkeiten von Michael antwortete, dass ich ihn schon unter den Top 5 an einem guten Tag sehe. Er war zwar höflich, wie die Schweizer nunmal sind, gab mir aber schon sehr klar zu verstehen, dass er das für eine Überheblichkeit der deutschen Nachbarn hielt und hier kein Rookie fehlerfrei so weit nach vorne läuft. Er sollte sich sehr täuschen…

Denn Michael Göhner wäre nicht Michael Göhner, wenn er sich nicht erstens seriös vorbereiten und zweitens alles aus sich heraus holen würde. So fuhr er mit 3:27:00 Stunden die viertbeste Radzeit, nur gut 3 Minuten langsamer als die Bestzeit des späteren Siegers Jan van Berkel. Dieser war schon als erster aus dem Thuner See gestiegen und legte einen sauberen Start-Ziel-Sieg hin. Selbst auf dem MTB verlor Micha lediglich knapp 30 Sekunden auf Jan’s Bestzeit und kam so als Zweiter in die dritte Wechselzone in Stechelberg. Dahinter ballerte Andi Wolpert, der schon zum zehnten Mal hier an den Start ging, nach gewohnt schwachem Schwimmen an mir auf dem Rad vorbei, erreichte Stechelberg als Siebter und erlief sich mit großer kämpferischer Leistung und Laufbestzeit noch Platz 2 overall. Göhner musste sich erst auf der finalen, steilen Passage kurz vor dem Schilthorn-Gipfel geschlagen geben und belegte dahinter Platz 3. Also auch Rookies können es in diesem zugegebenermassen sehr speziellen Rennen auf’s Podium schaffen. Gleichzeitig ist gute Streckenkenntnis hier sicher enorm hilfreich.

Energielos wie ein nasser Sack
Und bei mir? Nach schon nicht tollem Schwimmen zeigte sich praktisch sofort einer dieser rabenschwarzen Tage, die sich glücklicherweise bei mir nur ungefähr alle zehn Jahre offenbaren. In Kürze: Es ging gar nichts. So quälte ich mich schon auf dem Rad (wo mich bei dieser unerklärlichen Schwäche nicht einmal ein 28er-Ritzel zu retten vermochte) und ich tatsächlich beim steilsten Stück hinauf zur Großen Scheidegg absteigen musste (welche Schmach). Dann versuchte ich es noch mit dem Bike, aber auch hier halfen deutlich mehr Optionen bei der Übersetzung nicht über den Umstand hinweg, dass ich absolut energielos wie ein nasser Sack über dem Lenker hing. Als ich dann noch völlig selbstverschuldet in der Abfahrt nach Lauerbrunnen einen Sturz hatte, war der Ofen aus und ich strich die Segel in Stechelberg. Schade. Mein erst zweites DNF in 31 Jahren Triathlon. Aber solche Tage gehören eben auch dazu – es kann nicht nur Sonnenschein und Podiumpätze geben.

Text: Jörg Schneider/www.adventureraceing.wordpress.com
Fotos: Andy Mettler/swiss-image.ch