Übertraining und seine Ursachen

Die Sonne lacht, die Temperaturen steigen und der Bewegungsdrang zieht einen nach draußen. Endlich nachholen, was im Winter zu kurz gekommen ist – man glaubt, jetzt gar nicht genug Kilometer sammeln zu können. Aber vorsicht, die Gefahr in ein Übertraining zu rutschen, ist groß.

Übertraining ist ein Problem, mit dem wohl schon viele Athleten und Trainer im Laufe ihrer sportlichen Karriere konfrontiert wurden. Übertraining sollte man daher nicht unterschätzen, denn nicht selten kann dieser Zustand einen Athleten für längere Zeit außer Gefecht setzt. Die Ursachen für dieses Problem, das massive Auswirkungen auf den Verlauf der Saison und auf die Gesundheit hat, sind sehr individuell und vielfältig.

Wissenschaftler diskutieren in diesem Zusammenhang besonders eine Theorie bei der  Entstehung von Übertraining:
Ist der Körper über einen gewissen Zeitraum unter Strom, führt das unweigerlich zu einer Erhöhung der Stresshormone. Das hat wiederum zur Folge, dass eine Region in unserem Gehirn, nämlich der Hypothalamus, viele verschiedene Signale aussendet.
Sobald dieser Zustand einmal erreicht ist, kann man davon ausgehen, dass sich Symptome des Übertrainings entwickeln.

Die Wirkung von Stressoren nicht unterschätzen
Vielfach wird angenommen, dass Übertraining ausschließlich das Resultat von viel zu viel Training ist. Weit gefehlt, das ist nicht der einzige Faktor, der zu Übertraining führen kann. Natürlich ist hartes Training Stress für Körper und Geist, aber es gibt auch im nicht-sportlichem Umfeld eines Athleten viele Dinge, die sich als sogenannte Stressoren auswirken können: z.B. Ärger in der Familie und Beruf, hoher Leistungsdruck, überzogene Leistungsanforderungen an sich selbst.
All das muss der Körper zusammen mit dem Trainingsstress wegstecken und verkraften.

Schlechte Trainingswerte nicht durch noch mehr Training verbessern
Vielen Athleten wird diese Mehrfachbelastung irgendwann zu viel und der gesamte Organismus, sprich KÖRPER (Muskeln, Bänder, Sehnen etc) und GEIST (mentale Verfassung), sind einfach nicht mehr in der Lage alles zu bewältigen:
Jeder weiß, dass  gerade Stressfaktoren jenseits des Trainings permanent variieren können – mal ist die Alltagssituation ruhig und entspannt, ein anderes Mal zieht man Stress und Ärger scheinbar magisch an. Ist man sich nun nicht bewusst, welche negativen Auswirkungen dieser Nichttrainings-Stress auf die sportliche Leistung hat, kann es leicht zu folgender Situation kommen:
Die Trainingswerte verschlechtern sich (wegen außersportlichem Stress). Man denkt fast schon automatisch, dass man nun diese Leistungsverschlechterung mit noch mehr Training kompensieren muss. Und hier beginnt die Spirale nach unten: anstatt die Leistung so zu verbessern, wird sie noch schlechter. Das Übertraining beginnt.

Es ist wichtig, jetzt die Balance zwischen Stress und Stressbewältigung zu finden, dabei muss man unbedingt an das gesamte Stressspektrum denken.
Es ist klar, dass es im Leben immer wieder Situationen gibt, die im Moment schlecht oder gar nicht zu ändern sind. In diesem Moment ist es unverzichtbar, dass durch eine Reduzierung des Trainingsumfangs bzw. der Trainingsintensität gegengesteuert wird.

Regeneration, Entspannung und Ernährung helfen
Wichtig ist es in dieser Phase auf ausreichende Regenerationszeiten, auch in Kombination mit bestimmten Entspannungstechniken, und angepasste Ernährung zu achten.
Der Körper kann so wieder neue Kraft tanken und zu alter, gewohnter Stärke zurückfinden. Oft kann auch ein erfahrener Sportpsychologe weiterhelfen.
Was die Ernährung anbelangt, ist auf eine gepasste Zufuhr von Kohlenhydraten während der Belastung zu achten. Es ist wissenschaftlich nachgewiesen, dass eine häufige, suboptimale Versorgung von entsprechenden Trainingseinheiten mit Kohlenhydraten zum Anstieg von Stresshormonen führt. Dieser Zustand der Kohlenhydratunterversorgung wirkt sich zusätzlich negativ auf das Immunsystem, die mentale Verfassung und RPE (received perception of effort = Maß für die empfundene Wahrnehmung einer  Anstrengung) aus.

Um den fatalen Zustand des Übertrainings vorzubeugen, ist es unverzichtbar für Trainer und Athleten, das Training genau zu überwachen und gewissenhaft auf stressauslösende Faktoren zu achten. Dadurch wird es möglich, zu reagieren und gegenzusteuern, bevor Schaden entstanden ist.

Caroline Rauscher ist studierte Pharmazeutin mit Ernährungsweiterbildung. Sie besitzt fundierte Kenntnisse im Bereich der Leistungsphysiologie. Ihre Kontakte zu weltweit führenden Forschern nutzt sie u.a. für eine individuelle  Konzeption von Sportgetränken, für die Herstellung von Mikronährstoffen je nach Bedarf eines Sportlers sowie für die Ernährungsberatung von Profis und Amateuren. Sie betreut international erfolgreiche Winter- und Sommersportler. Darunter bekannte Namen wie Julia Gajer, Andi Böcherer, Daniela Sämmler, Stefan Schmid und Paratriathlon-Weltmeister Thomas Frühwirth. Mehr Infos

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