Neoprenanzüge: Gut zu wissen!

Dinner for One: Wer kennt ihn nicht, den knapp 20 Minuten währenden Klassiker, in dem die Schauspieler Freddie Frinton und May Warden alias James und Miss Sophie im Rahmen einer Geburtstagsfeier zu Hochform auflaufen. Der detaillierte Verlauf der Party mit den imaginären Sir Toby, Admiral von Schneider, Mr. Pommeroy und Mr. Winterbottom ist Ihnen sicherlich bekannt und muss an dieser Stelle nicht wiederholt werden. Auch wenn eine Verbindung zum Triathlonsport auf den ersten Blick ein wenig weit hergeholt und konstruiert wirkt, gibt es doch eine wesentliche Gemeinsamkeit: die alljährlich anstehende Neoprenanzugübersicht. 

Neopren
Kautschuk ist der wichtigste Basiswerkstoff eines Neoprenanzugs. Je dicker das Neopren, desto höher ist auch der Kälteschutz. „Eingearbeitete“ kleine Luftbläschen sorgen für den gewünschten Auftrieb. Je höher ein Athlet im oder auf dem Wasser liegt, desto geringer ist der Wasserwiderstand, vergleichbar mit einem Tragflächenboot. Der Kraulbeinschlag trägt auf den längeren Strecken weniger zum Vortrieb bei und dient mehr der Körperpositionierung und Stabilisierung. Schwächere Schwimmer können aus diesem einfachen Grund viel Kraft sparen, wenn sie diese Aufgabe dem Neopren überlassen. Ein beispielsweise mit konstant fünf Millimetern gefertigter Neoprenanzug wäre vom Auftrieb her für jeden Athleten sensationell, jedoch könnten aufgrund des erforderlichen Kraftaufwandes im (in diesem Beispiel sehr unflexiblen) Schulterbereich nur ganz wenige gut durchtrainierte und muskelbepackte gute Schwimmer 3,8 Kilometer wirklich schnell bewältigen. Auftrieb und Flexibilität sollten also immer im Gleichgewicht zueinander stehen, insbesondere im Arm- und Schulterbereich. Und deshalb verarbeiten alle Hersteller in dem für die Fortbewegung am meisten beanspruchten Bereich auch ein sehr dünnes Neopren mit Stärken zwischen 1,5 und 2 Millimetern. So flexibel der Anzug dann an diesen Stellen auch sein mag, so empfindlich ist er auch gegen Außeneinwirkungen wie Kratzer und Risse, zum Beispiel verursacht durch Fingernägel oder weil man an Gegenständen hängen bleibt.

Innenmaterial
Beim Kauf eines Neoprenanzuges wird im Rahmen der Beratung fast ausnahmslos auf die Qualität, die Dicke und die Auftriebskraft des verarbeiteten Neoprens eingegangen. In den wenigsten Fällen jedoch wird das Innenmaterial thematisiert. Was nützt es dem Athleten, sich in einem Anzug aus extrem flexiblem Neopren fortzubewegen, wenn der innenliegende Stoff unbeweglich ist wie Beton. Das Gesamtkonstrukt der innen und außen verarbeiteten Materialien hat auch wesentliche Auswirkungen auf die Wechselzeit. Ein „sperriger“ Anzug lässt sich bei Weitem nicht so schnell ausziehen, was sich auf den längeren Distanzen jedoch weniger auf die Endzeit auswirkt als auf der Kurzstrecke.

Passform
Aufgrund der scheinbar „unendlich“ vielen und sich zum Teil überlappenden Größen passen die meisten Triathleten in aller Regel in mindestens zwei Anzuggrößen. Welche dabei die ideale ist, hängt nicht nur von den Körpermaßen, sondern auch von der Ergonomie der Schnittmuster ab. Nichts ist schlimmer, als in einem zu engen Anzug unter Beklemmungsgefühlen zu leiden beziehungsweise mit zu viel angesammeltem Wasser im Rumpfbereich nach unten gezogen zu werden. Glücklicherweise haben mit nur ganz wenigen Ausnahmen fast alle Hersteller auch spezielle Modelle für Triathletinnen im Angebot.

Beschichtung
Auch im nassen Element gelten auf dem Gebiet des Wasserwiderstandes die Grundregeln der Physik: je geringer die Reibung, desto besser der Vortrieb. Fühlten sich die Oberflächen vor einigen Jahren noch stumpf und rau an, sind die aktuellen Beschichtungen – den innovativen Ideen der Produktdesigner und Hersteller sei Dank – glatt wie ein frisch poliertes Auto. In den meisten Fällen reicht es aus, leicht mit dem Finger über die Oberfläche zu fahren, um festzustellen, ob das Material wenig Reibungswiderstand hat oder nicht. Wer sich jedoch nicht auf sein Fingerspitzengefühl verlassen möchte, kann auch einen Tropfen Wasser über das Material rutschen lassen. Bei identischem Winkel und gleichen Umgebungsvariablen erkennen Sie sehr schnell auch geringe Unterschiede.

Reißverschluss
Ob sich der (meist) innenverlegte Reißverschluss von oben nach unten oder umgekehrt öffnet, wirkt sich auf das Resultat in der Auftaktdisziplin nicht wirklich aus. Stattdessen sollten Triathleten einen genauen Blick auf die Verarbeitung der Klettverschlüsse und  deren Größe und Position am Hals werfen. Zusätzliche großflächige Laschen aus dünnem Neopren minimieren Hautreizungen und -abschürfungen.

Nähte
Die bis zu 30 unterschiedlichen Paneels aus unterschiedlich dickem Neopren werden beim Zusammensetzen des Anzugs entweder verklebt oder verschweißt und fast ausnahmslos zusätzlich (blind) vernäht. Letzteres sorgt für eine unsichtbare Naht auf der Außenseite des Anzugs, da die Nadel beim Nähen das Neopren nicht ganz durchsticht und „vorher umdreht“. An den Schnittstellen mehrerer Paneels sorgen zusätzlich aufgeklebte quadratische Materialien dafür, beim zu unsanften Aus- und Anziehen das Risiko eines Risses zu minimieren.

Zusatz-Features
Fast alle Neoprenanzüge der jüngsten Generation verfügen über zusätzlich eingearbeitete Strömungsrillen, aufgesetzte Kiemenmuster, Kick-back-Booster oder andere „Konstruktionen“, die zu einer stabileren Wasserlage, Krafteinsparung oder einem schnelleren Schwimmsplit verhelfen sollen. Über den Nutzen dieser Innovationen für den Athleten wird in Triathlonkreisen viel diskutiert.

Text: www.tritime-magazin.de-Redaktion
Fotos: Hersteller | www.tritime-magazin.de-Redaktion