Nahrungsergänzungsmittel: Wichtig oder unnötig?

Immer mehr Menschen greifen in Deutschland zu Vitamin- und Aufbaupräparaten, in der Hoffnung vermeintliche Mangelzustände auszugleichen.

Bei den meisten dieser Kapseln, Pulver, Dragees und Tabletten handelt es sich um sogenannte Nahrungsergänzungsmittel, die einen oder mehrere Nährstoffe in konzentrierter Form enthalten.

Ein Blick in die Regale unserer Supermärkte und Drogerien zeigt, dass es sich um ein sehr lukratives Geschäft handelt: Von Vitamin C bis Zink und Magnesium bis Kreatin ‒ der interessierte Kunde hat die Qual der Wahl zwischen den unterschiedlichsten Produkten verschiedener Hersteller. Aber braucht der menschliche Organismus tatsächlich Nahrungsergänzungsmittel? Und wenn ja, wie viel, wann und in welchen Situationen? Personen, die sich ausgewogen ernähren, müssen in aller Regel nicht auf Nahrungsergänzungsmittel zurückgreifen. Auch wenn konzentrierte Nährstoffe vermeintliche Mangelzustände bei Personengruppen, die sich einseitig und oder unregelmäßig ernähren, ausgleichen können, darf nicht aufgrund von Empfehlungen eines Arbeitskollegen oder Trainingspartners planlos zu irgendwelchen Mittelchen gegriffen werden.

Der Runde Tisch Nahrungsergänzungsmittel des Deutschen Olympischen Sportbundes konstatierte am 10. Juni 2013, dass nach aktueller Studienlage 91 Prozent der deutschen Leistungssportler täglich Nahrungsergänzungsmittel zu sich nehmen. Interessant ist, dass die Teilnehmer (Prof. Dr. Tim Meyer | Universität des Saarlandes, Mark Warnecke | Schwimmweltmeister, Dr. Hans Geyer | Zentrum für präventive Dopingforschung Köln, Ernährungsberater der Olympiastützpunkte, die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) sowie der leitende Olympiaarzt Priv. Doz. Dr. Bernd Wolfarth | TU München/IAT Leipzig) erklärten, dass lediglich die Ergänzung von Fluor, Jod und Vitamin D nach der aktuellen Erkenntnis vertretbar sei. Diese Mikronährstoffe seien unter bestimmten Umständen nicht zu 100 Prozent mit der Nahrungsaufnahme abgedeckt. Die häufig zu beobachtende willkürliche Zufuhr von Magnesium, Kalzium, Eisen und Vitaminen ohne ärztliche Indikation erscheine in Anbetracht der regulären Lebensmittelversorgung in Deutschland als nicht zielgerichtet und damit unnötig.

Gerade weil die leistungsfördernde Wirkung von Nahrungsergänzungsmitteln im Sport kontrovers diskutiert wird und für manch angepriesene Wirkstoffe seriöse Studien und Belege fehlen, muss sich jeder zunächst darüber im Klaren sein, ob und welche Nährstoffe der eigene Körper wie lange in welchen Dosierungen zusätzlich benötigt. Aus diesem Grund ist eine Selbstaufschreibung aller Ess- und Trinkgewohnheiten über einen Zeitraum von (mindestens) einer Woche dringend zu empfehlen. Diese sollte durch einen erfahrenen Mediziner, Ökotrophologen oder Diätassistenten überwacht und unter Berücksichtigung der persönlichen Lebenssituation ausgewertet werden. Aufgabe der Ernährungsberatung ist in diesem Zusammenhang auch, auf die möglichen gesundheitlichen Risiken einer Nahrungsmittelergänzung hinzuweisen, zumal Überdosierungen dem menschlichen Organismus durchaus schaden können.

Hintergrund:
Zwischen Oktober 2000 und November 2001 wurden in einer vom Internationalen Olympischen Komitee beauftragten und vom Institut für Biochemie an der Deutschen Sporthochschule Köln durchgeführten Studie 634 Nahrungsergänzungsmittel untersucht, die in dreizehn Ländern erworben wurden. 14,8 Prozent wiesen positive Befunde für verbotene anabol-androgene Steroide (sogenannte Prohormone) auf, die nicht auf der Packung deklariert waren. Mittlerweile ist dieser Wert nach Aussage von Dr. Hans Geyer auf unter 1 Prozent aller untersuchten Nahrungsergänzungsmittel gesunken. Trotz dieses erheblichen Rückgangs wurde darauf hingewiesen, dass die Sportverbände und Athleten im bereits beschriebenen Bedarfsfall nur Produkte von Herstellern mit zertifiziertem Herstellungsprozess, asservierten Rückstellmustern und auf der Kölner Liste verzeichneten Produktchargen verwenden sollten.

Bei der Kölner Liste handelt es sich um eine Aufstellung des Olympiastützpunktes Rheinland (OSP) von Sporternährungsprodukten und Nahrungsergänzungsmitteln mit minimiertem Dopingrisiko. Eine Aufnahme in die Kölner Liste bedeutet jedoch nicht, dass die dort geführten Produkte grundsätzlich frei von Prohormonen, Anabolika oder Stimulanzien sind. Im Gespräch mit der tritime wies der OSP explizit darauf hin, dass das vorrangige Interesse dieser Dienstleistung im Bereich der Aufklärung liegt und nicht in der Empfehlung, bestimmte Produkte zu benutzen. Die Liste bietet auch keine Garantie, ein zu 100 Prozent dopingfreies Produkt zu sich zu nehmen, selbst wenn jede Charge eines Produktes auf verbotene Substanzen untersucht wird.

Text: Klaus Arendt (mit Material des DOSB)
Foto: Klaus Arendt
Internet: dosb.de, nada-bonn.de, dopinginfo.de und koelnerliste.com