Das Privileg, sein Hobby zum Beruf zu machen

Mario Schmidt-Wendling | Sportwissenschaftler und Personal Trainer

Beharrlichkeit und Durchhaltevermögen sollte jeder Triathlet mitbringen, um sein sportliches Ziel zu erreichen. Das hat sich Mario Schmidt-Wendling gedacht und beide Begriffe ins Finnische übersetzt: „Sisu“ gibt seinem Trainingsangebot im Internet den Namen.

Unter sisu-training.de bietet der Frankfurter Schmidt-Wendling online-gestützte Trainingspläne an. Dazu benutzt der Sportwissenschaftler eine Software namens Atleta. Damit kann jeder von ihm betreute Sportler seinen individuellen Wochenplan einsehen, dem Trainer mittels Tagebuch Feedback geben, Angaben zu seinem Zeitbudget machen und mit seinem Coach kommunizieren. Ferner bietet der ehemalige Radprofi 16- und 20-Wochen-Rahmenpläne für die Mittel- und Langdistanz an, seine „Kernkompetenz“, wie er selbst sagt: „Ich sehe mich primär als Coach für diese Strecken, habe aber auch blutige Anfänger in Betreuung.“ Als dreifacher Familienvater und einem Trainer-Job jenseits der 50 Wochenstunden, weiß Schmidt-Wendling aus eigener Erfahrung, wie schwierig es ist, Triathlon in den Alltag einzuplanen: „Ich kann die Situation meiner Sportler gut einschätzen und konzipiere deshalb auch keine utopischen Trainingspläne, die in der Umsetzung nicht zu realisieren sind.“ Vielmehr habe jede Einheit einen bestimmten Zweck. Laut dem Sportwissenschaftler werden selbst lockere GA1-Einheiten mit motorischen Inhalten gespickt, um einen möglichst hohen so genannten Return on Invest zu bekommen.

„Ich mache selbst seit über 20 Jahren Ausdauersport und habe jede einzelne Einheit, die ich meinen Sportlern verordne, selbst absolviert“, erklärt Schmidt-Wendling, „daher weiß ich genau, wie sich das körperlich und mental anfühlt“. Seine Trainingspläne erstelle er wettkampf-spezifisch, das heißt, die Intensitäten sind ganzjährig sehr nah an den Geschwindigkeiten im Rennen dran. „Ich bin kein Freund von sinnlosem Kilometer-Geschrubbe ohne Inhalt“, begründet der Frankfurter seine Art der Planung. Das steigere nur die Verletzungsgefahr und der Sportler habe keinen nennenswerten Benefit davon. In den vergangenen zehn Jahren hat sich Schmidt-Wendling intensiv mit dem Anforderungsprofil Langdistanz auseinandergesetzt und dabei nach eigenen Angaben „herausgefiltert, was man wirklich braucht und worauf man verzichten kann“. Der Erfolg gibt ihm recht: Rund 500 Langdistanzler hat er bereits ins Ziel gebracht, davon 90 Prozent mit persönlichen Bestzeiten. „Offensichtlich funktioniert meine Betreuung ganz gut“, freut sich der Trainer.

Abgesehen von der Online-Planung bietet Schmidt-Wendling Eins-zu-Eins-Sessions zum Schwimmen und Laufen sowie zum Athletik- und Krafttraining an: Schwimmseminare und ein Langdistanz-Camp mit Lothar Leder im Mai am Fuschlsee sind Teil seines aktuellen Programms. Außerdem erstellt der Coach derzeit täglich einen Videobeitrag zum Thema Triathlon in seinem Blog auf sisu-training.de. „Ich habe eine Wette verloren“, erklärt Schmidt-Wendling sein unfreiwilliges Bloggen. Im Zeitraum von sechs bis sieben Wochen bietet er ferner kostenlose Webinare rund um Triathlon an. Darüber hinaus arbeitet der Sportwissenschaftler seit zwei Jahren an einem Handbuch für Langdistanzler, in dem er seine Erfahrung aus über 20 Jahren Ausdauersport weitergeben möchte. „Mich hat die Trainingswissenschaft schon als Jugendlicher fasziniert, ich habe damals schon diverse Bücher verschlungen“, erinnert sich Schmidt-Wendling, der an der Goethe-Universität in Frankfurt Sport studiert hat. Die im Studium vermittelten Inhalte seien im täglichen Umgang mit den Triathleten jedoch nur die halbe Miete, ist der Sportwissenschaftler überzeugt: „Wichtiger sind Erfahrungen, Intuition und ein Gespür für Menschen.“ Daher hält der Coach seine Sportler dazu an, sich jederzeit an ihn zu wenden, „wenn es irgendwo klemmt“. Dass er hauptberuflich als Trainer arbeitet, ist für Mario Schmidt-Wendling nicht selbstverständlich: „Ich bin ich jeden Tag dankbar dafür, dass ich mein Hobby zum Beruf machen konnte. Das ist ein ganz besonderes Privileg.“

Text: Nora Reim