Schneller werden durch kurze Sprints (Teil 1)

Das grundlegende Prinzip der Trainingswissenschaften ist ziemlich einfach: Belaste deinen Körper und gebe ihm danach genügend Zeit, sich zu erholen.

 

Dabei wird er sich an die höhere Belastung gewöhnen und seinen Organismus entsprechend anpassen. Kurzum: Ein positiver Trainingseffekt ist vorhanden.

Sportmuffel haben es ziemlich einfach. Da der Organismus noch nicht in der Lage ist, große Trainingsumfänge zu verarbeiten, wirkt sich in den ersten Wochen und Monaten nahezu jede Einheit in den drei unterschiedlichen Sportarten direkt in einer spürbaren Leistungssteigerung aus, was – sofern der Betroffene seine Umfänge in Maßen steigert – sich über einen Zeitraum von bis zu vier Jahren fortsetzen kann. Danach entscheidet sich, ob Sie sich mit Ihren bisherigen Ergebnissen zufrieden geben oder ob Sie das in Ihnen „tatsächlich schlummernde“ Leistungsvermögen durch Training auf einer höheren Stufe herausholen möchten. Wenn Sie Ihrem Körper nämlich immer nur den gleichen Reiz geben, können Sie sich auch nur bis zu einem bestimmten Punkt entwickeln, danach stagniert die Leistungsentwicklung. Athleten mit einem ausdauersportlichen Hintergrund erreichen diesen Zeitpunkt etwas früher, da die Ausdaueranpassung schon teilweise vorhanden ist!

Passend zur Jahreszeit und Trainingsphase stelle ich Ihnen immer ein paar konkrete Vorschläge vor, die Sie problemlos in Ihren normalen Trainingsplan integrieren können.

Grundregeln
Wenn ein Athlet sich 10 bis 15 Jahre lang ausschließlich auf den Triathlonsport fokussiert hat, ist es an der Zeit und mehr als sinnvoll, sich ein Jahr Ruhe zu gönnen. In diesem Zeitraum sollten Sie sich einen anderen sportlichen Schwerpunkt setzen. Wohlbemerkt unter der Prämisse, dass Sie schneller werden möchten. Schrauben Sie das Training deutlich herunter und arbeiten Sie an Ihren Schwächen. Zeit und ausreichend Energie haben Sie durch die „Zwangspause“ allemal. Wenn Sie jedoch ohne sportliche Ziele nicht auskommen, setzen Sie sich am besten welche außerhalb der bekannten drei Disziplinen. Fremdgehen in anderen Sportarten ist angesagt. Wie wäre es mit (Beach-)Volleyball, Skilanglauf oder Klettern? Nach diesem Jahr Pause werden Sie voller Tatendrang – auch wenn die ersten Wochen sehr mühsam sein können – in das Training einsteigen. Danach bemerken Sie, dass Ihre Ausdauer und Kondition wieder da ist, allerdings stärker als zuvor. Planen Sie aus diesem Grund mindestens drei Monate zusätzlich für die Vorbereitung auf Ihren Saisonhöhepunkt ein.

In den Monaten Dezember bis Februar befinden sich die meisten von Ihnen sicherlich noch in der Anfangsphase der neuen Saison. Neu gesetzte Reize und Veränderungen wirken sich nur dann positiv auf Ihre Leistung aus, wenn Sie die Übungen und Methoden auch konsequent ausüben. Dabei sind „altbekannte“ Perioden wie Einführungs- und Aufbauphasen zu berücksichtigen, ebenso wie der Zeitraum bis zum Wettkampf, um den erreichten Level zu halten.

Körperstabilität
Je weiter eine Sportlerkarriere fortgeschritten ist, umso wichtiger werden die Körperstabilitätsübungen. Entzündete Sehnen, „nicht nachvollziehbare“ Muskelverkrampfungen, Atemprobleme, Rückenschmerzen und Stressfrakturen sind nur einige Beschwerden, mit denen gerade die älteren Athleten zunehmend zu kämpfen haben. Dabei kann den meisten Verletzungen und Wehwehchen durch ein regelmäßiges Stabitraining vorgebeugt werden. Jedoch sollten gerade erfahrene Ausdauersportler versuchen, Abwechslung in die Übungen bringen. Die gleichen Übungen in derselben Reihenfolge werden auf Dauer öde und langweilig. Diejenigen unter Ihnen, die erst beginnen, profitieren von jeder Übung. Allen anderen bieten das Internet, Magazine und Fachbücher eine Vielzahl an interessanten Übungen und Alternativen. Viele Athleten vernachlässigen diese eher unspektakuläre Trainingsform, sobald aber der Rumpf kräftiger wird, ändert sich auch das Gefühl beim Laufen, Radfahren und Schwimmen. Verbesserungen sind eine logische Folge, denn Arme und Beine haben dank eines kräftigeren Rumpfes einen stabileren „Hintergrund“ zum Arbeiten. Schließlich lässt sich ein Nagel auch besser mit einem Hammerschaft aus gehärtetem Stahl ins Brett schlagen als mit einem Gummihammer.

Verteilen Sie während der Wintermonate wöchentlich 60 bis 90 Minuten auf mehrere Trainingseinheiten. Die allermeisten Übungen lassen sich jederzeit und überall ausführen. Triathleten, die Stabiübungen bereits regelmäßig in ihrem Training berücksichtigt haben, sollten immer wieder neue Übungen einbauen und auf die gut bewährten immer wieder zurückgreifen. Dabei kann ein kompetenter Trainer oder Physiotherapeut zu Beginn unterstützend auf eine korrekte Ausführung achten. Oft kommt es auf Kleinigkeiten an, damit der gewünschte Effekt auch erreicht wird. Eine investierte Stunde kann Gold wert sein und wird sich spätestens bei Ihrem Saisonhöhepunkt auszahlen, denn auch Ihre Schnelligkeit wird davon profitieren.

Schnelligkeitstraining
Erinnern Sie sich noch an Ihre Schulzeit? Waldläufe und längere Strecken waren bei den meisten Schülern verhasst, stattdessen wurden gerade in der Vorbereitung auf die nächsten Bundesjugendspiele kurze Strecken bis maximal 400 Meter trainiert. Sprinttraining verlangt ein permanentes spezifisches Training der schnellen Muskelfasern. Sobald diese nicht mehr beansprucht werden, gehen die antrainierten Leistungssteigerungen wieder verloren und man wird langsamer. Dies wird einem immer dann bewusst, wenn beim Zielsprint die Kraftreserven fehlen oder bereits nach wenigen Metern ausgehen und man den Konkurrenten ziehen lassen muss. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wird jedem „Zielsprintverlierer“ deutlich, an welchen Stellschrauben noch zu arbeiten ist.

Aber was hat Sprinttraining eigentlich mit Triathlon zu tun? Sind das nicht zwei ganz unterschiedliche Disziplinen? Grundsätzlich ja, aber ein Ausdauerathlet profitiert von dem Sprinttraining. Je höher Ihre Maximalgeschwindigkeit in Relation zu Ihrem Wettkampftempo ist, umso entspannter können Sie im Wettkampf unterwegs sein. Ein weiterer Aspekt hat mit den Muskelfasern zu tun, denn auch bei einem langen Ausdauerwettkampf kommen die schnellen Muskelfasern zum Einsatz. Und wenn die untrainiert sind, sind Sie eindeutig im Nachteil.

Das Sprinttraining lässt sich bereits in den Wintermonaten hervorragend in die Übungseinheiten einbauen. Kurze Sprints zwischen fünf und maximal 20 Sekunden lassen den Puls nur wenig nach oben springen und halten die Laktatbildung im unteren Bereich. Stellen Sie sicher, dass die Aufwärmphase lang genug ist und Sie sich vorsichtig Ihrer maximalen Geschwindigkeit nähern. Beantworten Sie sich im Vorfeld auch die Frage, wann Sie zum letzten Mal 50 Meter „volles Tempo“ gelaufen sind? Überspannen Sie zu Beginn der Saisonvorbereitung den Bogen nicht, denn die Verletzungsgefahr ist in Form von Zerrungen oder Faserrissen einfach noch zu hoch!

Schwimmen
Im Wasser können Sie immer wieder kurze Sprints mit entsprechenden Pausen in Ihr Programm einbauen. Allerdings reichen zu Beginn 15 Meter völlig aus, um die restlichen zehn Meter bis zum Ende der Bahn locker „auszuschwimmen“. Wenn Sie mindestens zweimal in der Woche zum Schwimmtraining gehen, sollten Sie wenigstens einen sprintspezifischen Block in Ihrem Schwimmprogramm berücksichtigen. Sollten Sie es nur einmal wöchentlich schaffen, das Schwimmbad aufzusuchen, sollten Sie immer wieder zwischendrin ein paar kürzere Sprints einbauen.

Beispiel für einen sprintspezifischen Block:

  • 15 Meter Kraulen (Sprint) und 10 Meter locker bis zur Wende, gefolgt von 60 Sekunden Pause
  • 4 Wiederholungen und im Anschluss daran 100–200 Meter lockeres Schwimmen

(je nach Leistungsvermögen folgen maximal vier weitere Sätze)

Radfahren
Sind Sie schon einmal mit einer starren Nabe gefahren? Nein? Dann wird es aber Zeit. Aus einem alten Hinterrad ist mit einem fachmännisch gezielt gesetzten Schweißpunkt der Freilauf für immer blockiert. Ziel dieser „old fashioned“, aber äußerst effizienten Trainingsform ist, mit einem möglichst kleinen Gang (Anfänger 39×17-19, Fortgeschrittene 39×15) zu fahren. Durch die sich immer drehenden Kurbeln bleibt Ihre Muskulatur in Bewegung und kann dazu beitragen, flüssiger zu treten. Schließlich müssen Sie auch bergab und bei starkem Rückenwind fortwährend schnell beziehungsweise bergauf und bei Gegenwind gleichmäßig langsam treten. Diese Trainingsform – bei der ein puls- und/oder wattgesteuertes Training nur sehr schwer umsetzbar ist – eignet sich bis Ende Februar und wird ausschließlich über die Umfänge (Zeit und Kilometer) gesteuert.

Laufen
In den ersten drei Wochen bieten sich Steigerungsläufe von 50–70 Metern an. Dabei reichen pro Trainingseinheit 8–10 Wiederholungen mit einer 60-sekündigen Gehpause schon völlig aus. Diese Vorgehensweise gibt dem Körper nicht nur den nötigen Reiz, sondern gibt ihm auch genügend Zeit, sich anzupassen. Danach können Sie dann mit dem eigentlichen Sprinttraining beginnen:

Beispiel:

  • Aufwärmen (inklusive koordinative Übungen wie Lauf ABC)
  • 4 Steigerungen zum Aufwärmen der Muskulatur
  • 6–12 mal 50 Meter sprinten, gefolgt von einer zweiminütigen Gehpause
  • 3–6 mal 100 Meter sprinten, gefolgt von einer dreiminütigen Gehpause

 

Nehmen Sie sich – insbesondere im Winter – genügend Zeit für das Aufwärmen. Denken Sie an wärmende Kleidung oder eine zusätzliche Jacke, die Sie sich in den Gehpausen überziehen können, um nicht auszukühlen. Wie beim Schwimmen sollten Sie auch beim Laufen einmal in der Woche ein reines Sprinttraining durchführen. Auch eine normale Laufeinheit kann durch ein paar Steigerungsläufe zwischendurch und/oder am Ende abwechslungsreich gestaltet werden.

In einem weiteren Beitrag gebe ich Ihnen dann weitere Tipps, wie Sie die in den kommenden Wochen antrainierte Sprintfähigkeit und die parallel erworbene Grundlagenausdauer mit Kraft verbinden können.

May the speed be with you!

Bennie Lindberg Ein schwerer Radunfall beendete Bennie Lindbergs Profikarriere in den frühen Neunzigern. Seit 1995 trainiert er Privatpersonen und Vereine, hält Seminare und Vorträge. Der Buchautor und Hersteller der ADDX-Neoprenanzüge lebt in Roth und ist Inhaber der Firma „Ad Extremum“. Bennie Lindberg misst seine Erfolge als Trainer nicht anhand errungener Medaillen und Meisterschaftstitel. Ein Sportler, der seinen ersten Triathlon absolviert hat, erfüllt ihn mit nicht weniger Stolz als ein nationaler Meistertitel, Weltmeister oder Ironman-Sieger: „Ein Trainer hat dann Erfolg, wenn er seine Athleten bei der Verwirklichung ihrer realistischen Ziele unterstützt hat.“