Weitere Überlastungsanzeichen (Teil 2)

Das Wintertraining ist absolviert. Während die Trainingsinhalte bei den meisten Triathleten von einer deutlichen Steigerung der Umfänge und Intensitäten bestimmt werden, schlagen sich einige Sportler bereits mit ersten Verletzungen herum.

 

Muskuläre Dysbalancen und erste Wehwehchen, die durch falsches Schuhwerk oder auch eine überproportionale Steigerung der Umfänge verursacht wurden und schlimmstenfalls die bevorstehende Wettkampfperiode gefährden können. Dr. med. Christoph Simsch beschreibt einige typische Probleme, die insbesondere bei Triathleten auftreten können.

Muskuläre Dysbalancen
Auch wenn Triathlon eine ausgesprochen ausgewogene Sportart ist, besteht durch die extrem lange Belastungsdauer die Gefahr von muskulären Dysbalancen. Dabei werden bestimmte Muskelgruppen gestärkt und andere wiederum vernachlässigt. Daraus resultiert die Möglichkeit, dass einzelne Strukturen überbelastet werden und sich der Bewegungsablauf unter Umständen in eine ungünstige Richtung entwickelt.

Verkürzung des Brustmuskels
Der große Brustmuskel ist praktisch der stärkste Muskel im Bereich des Schultergürtels und neben anderen für den Vortrieb beim Kraulschwimmen verantwortlich. Durch ausschließliches Schwimmen kann sich dieser Muskel verkürzen, was an nach vorne gezogenen Schultern zu erkennen ist. Binden Sie eine Dehnung dieses Muskels in jede Schwimmeinheit ein und kräftigen Sie zusätzlich den Gegenspieler am Rücken. Beispielsweise mit einem vor Ihnen befestigten Thera-Band: Greifen Sie es an beiden Enden, halten Sie die Arme auf Schulterhöhe und ziehen Sie die Arme zurück. Versuchen Sie dabei, die Schulterblätter zusammenzuziehen.

Verkürzung des Hüftbeugers
Der Hüftbeuger ist praktisch immer in verkürzter Stellung, wenn wir nicht gerade stehen oder liegen. Eine krankhafte Verkürzung ist durch eine sitzende Position beim Laufen zu erkennen. Daraus resultiert ein verkürzter und somit leistungseinschränkender Schritt. Als Gegenreaktion fällt die Wirbelsäule ins Hohlkreuz, was Rückenschmerzen mit sich bringen kann. Zusätzlich führt der Körper eine Gegenbewegung aus, bei der die Wade gedehnt und die Achillessehne dauerhaft beansprucht wird, was entsprechende Beschwerden zur Folge hat. Regelmäßiges Dehnen hilft auch hier: Gehen Sie dazu in den Ausfallschritt, halten Sie den Oberkörper aufrecht und vollziehen Sie eine leichte Drehung zur Gegenseite.

Verkürzung des Quadrizeps
Der Quadrizeps – der vierköpfige Oberschenkelmuskel – ist einer der größten Muskeln des Körpers und entsprechend wichtig für das Laufen und vor allem das Radfahren. Eine Verkürzung führt praktisch zu dem gleichen Ergebnis wie ein verkürzter Hüftbeuger. Ein regelmäßiges Dehnen ist ebenso wichtig wie die Kräftigung des Gegenspielers auf der Oberschenkelrückseite. Einbeiniges Pedalieren kräftigt diesen sportartspezifisch hervorragend.

Schwäche der Schulterrotatoren
Als Ergebnis einer Überbeanspruchung beim Schwimmen stellt sich häufig ein Schmerz ein, wenn der Arm über 90 Grad gehoben wird. Hier empfiehlt sich eine Kräftigung der Innenrotatoren (Thera-Band und/oder Kraftraum).

Psychische Ermüdung
Weit bevor sich ein manifestes Übertrainingssyndrom mit Leistungsrückgang und entsprechenden psychischen Veränderungen einstellt, kann es zu einem sogenannten „Überziehen“ kommen. Symptome sind Müdigkeit, Reizbarkeit und Trainingsunlust. Dies ist kurzfristig sogar gewünscht, da es zeigt, dass in einem Trainingsblock gut gearbeitet wurde. Bleibt dieser Zustand aber über zehn Tage bestehen, so sollte dies als Alarmsignal gedeutet werden. Die wichtigste Maßnahme besteht darin, sein Training zu überdenken und insbesondere die GA2-Einheiten zu reduzieren. Einige Tage aktive Erholung und ein spaßorientiertes Training bewirken häufig große Wunder. Sobald es wieder kribbelt, ist der Zustand vorbei und es kann nach Plan weitertrainiert werden.

Überlastungssyndrome des Bewegungsapparates
Neben den oben genannten Dysbalancen liegt die Ursache auch manchmal alleine bei den hohen Trainingsumfängen. Durch die hohe Belastung wird das Hormon- und Abwehrsystem des Körpers stark beansprucht. Dabei werden Entzündungsreaktionen ausgelöst, die dosiert zu einer Stärkung des Systems führen. Überdosiert jedoch – beispielsweise durch nicht adäquate, zu hohe Trainingsvolumensteigerungen – bricht das Immunsystem praktisch zusammen. Infekte, aber auch Entzündungen im Bereich des Bewegungsapparates sind die Folge. Da auch die Ernährung das Hormonsystem beeinflusst, sollten große Experimente am besten unterlassen werden. Insbesondere das verbreitete Nüchterntraining verzehnfacht bei relativen kurzen 2-Stunden-Einheiten die Stressreaktion auf den Körper. Erfahrene Sportmediziner und Physiotherapeuten helfen im Einzelfall weiter.

Ermüdungsfraktur
Eine Kombination aus Fehlbelastung mit Fehlernährung und hormonellen Störungen führt zu einer Verminderung der Knochenfestigkeit. Ein Bruch – meist in Form einer Mikrofraktur – macht sich dann durch einen anhaltenden, meist spitzen Schmerz bemerkbar. Eine schnellstmögliche Abklärung durch einen Arzt ist die erste wichtige Maßnahme. Leider bedeutet dies meist das Ende der Saison, denn eine Ermüdungsfraktur braucht Zeit zum vollständigen Ausheilen, häufig mindestens drei Monate. Die Zuführung von Calcium und Vitamin D kann die Heilung beschleunigen. Maßnahmen wie Aquajogging erhalten die Fitness.

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Zwischenruf
von Caroline Rauscher | Pharmazeutin mit Ernährungsweiterbildung

Gesunde, stabile Knochen sind wichtig für jeden Sportler. Obwohl Sport an sich schon positive Auswirkungen auf die Knochengesundheit hat, leiden trotzdem viele Athleten unter einer verminderten Knochendichte. Die Gründe sind vielfältig und können eine zu geringe Energieverfügbarkeit, erniedrigte Sexualhormonspiegel, erhöhte Stresshormone und ein gestörtes Calcium-Gleichgewicht während der Belastung sein. Intensives und hartes Training hat ein Absinken des Calciumspiegels im Serum zur Folge. Unser Körper ist in der Lage, über verschiedene Mechanismen diesem Abfall entgegenzuwirken. Ein möglicher Weg ist, sich an den Calciumreserven der Knochen zu bedienen, um den Serumwert stabil zu halten, allerdings mit negativen Auswirkungen auf die Knochendichte und einer Minderung der positiven Effekte der sportlichen Belastung für den Knochenaufbau. Aus diesem Grund sind Dauer, Intensität und Häufigkeit von hartem Training wohl zu dosieren und zu periodisieren, aber auch die Basisernährung sowie die Energie-, Calcium- und Mikronährstoffversorgung darauf abzustimmen.
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Läuferknie und Fersenschmerz
Durch eine Überbelastung und wiederholte kleine Verletzungen – meist durch Sprünge verursacht – stellt sich ein Schmerz an der unteren Spitze der Kniescheibe ein. Prophylaktisch sollten der Quadrizeps und der Psoas gedehnt werden. Das Gleiche gilt auch für den Fersenschmerz. Hier ist aber gleich zu Beginn genau festzulegen, welche Bereiche genau betroffen sind. Es können die Ferse selbst, die Achillessehne, der Schleimbeutel unter der Sehne oder auch der Sehnenansatz betroffen sein.

Reizung der Hamstrings
Betroffen sind hier die Oberschenkelrückseite und der Ansatz am Sitzbein. Ursächlich ist auch hier meist eine Dysbalance beziehungsweise eine zu schnelle Trainingsvolumensteigerung. Nachdem ein Ermüdungsbruch am Sitzbein sicher ausgeschlossen wurde, helfen physiotherapeutische Maßnahmen sehr gut.

Text: Dr. med Christoph Simsch
Fotos: Klaus Arendt

https://tritime-magazin.dewp-content/uploads/2014/01/christophsimsch.pngDr. med. Christoph Simsch ist Facharzt für Allgemein- und Sportmedizin. Der aktive Triathlet, der auch zum Anti-Dopingbeauftragten des Baden-Württembergischen Triathlonverbandes berufen wurde, betreibt seit über 30 Jahren Leistungssport.